Reitersturzbild 2017
Halle Saale
Stahl, verzinkt und bemalt
entstanden während der Metallwerkstatt in Halle 2017
Das ist ein Monument der Dissonanz zwischen Anspruch und Realität, zwischen Mensch und Tier, Herrscher und Volk, zwischen oben und unten, zwischen Willen und Domestikation. Hermann Grüneberg nennt seine Plastik ein „gefallenes Monument“. Da beschleunigt sich der Reiter so fix, im schnellen Lauf der Durchsetzung seines politischen Anspruchs, dass er sich auf brutalste Weise dekonstuiert. Sprich, er fällt vom Pferd. Das einzige, was auf dem Sockel verbleibt ist das Drama, das sich im Augenblick des Sturzes vollzieht, der Sturz des Reiters in den Graben. In diesem Reiterstandbild ist es die enorm aufgestaute Eigenenergie und das allen Niederstehenden überlegene Dominanzverhalten, die sich in einem Akt der Selbstzerstörung entlädt. Diese Metallplastik soll erstmal hier im Viertel stehen. Wir sind in einem guten Gespräch über den Standort. Ein verwirrtes Pferd in Sichtweite des ehemaligen Schlachthofes. Das passt zu der Auflösung des kentaurischen Paktes, wie es Ulrich Raulff in seinem Buch “Das letzte Jahrhundert der Pferde“ beschreibt. Cowboy und Indianer und Ritter und reitender Fürst treten nur noch auf Freilichtbühnen auf. Das Pferd spielt jetzt die Rolle des animalischen Therapeuten und die einer „Assistenzfigur weiblicher Pupertät“. Pferd und Reiter sind als Symbiose der Autorität nur noch auf Veranstaltungen wie dem G20 Gipfel zuerleben, wenn die Polizei beritten daher kommt. Die wirklich wichtigen Leute fliegen im eigenen Hubschrauber.
Rüdiger Giebler